Und da zeigt sich, dass beim Analogen Fotografieren jeder Schuss 100%ig kontrolliert und aufgebaut sein sollte😉
Ja und Nein.
Nein, die Vorstellung, dass man Analog einfach "roh" und "vollständig" verwendet, so wie jetzt in dieser Serie, ist in gewisser Hinsicht ja eine Verklärung der Vergangenheit, eine Art photographische Interpretation des Mythos vom "Edlen Wilden". Tatsächlich sind die wesentlichen Aspekte der Bildbearbeitung, insbesondere der Beschnitt oder die Ausrichtung, alle zu analogen Zeiten entstanden und seit etlichen Jahrzehnten (selbst über das letzte Jahrhundert hinaus) völlig üblich. Und ebenso natürlich die Selektion. Digital hat vieles einfacher gemacht, aber gar nicht so viel verändert.
Ja, Analog begrenzt die Möglichkeiten. Der Film hatte 24 Bilder, in einer Situation habe ich aufgrund des Gegenlichts zwei unterschiedliche Belichtungseinstellungen gewählt, dazu kommen noch die Bilder vor der Serie, die man macht, um sicher zu sein, dass die erste Aufnahme auch etwas wird (ich bin da immer viel zu vorsichtig). Am Ende sind es 23 Bilder. Digital hätte ich vermutlich viel mehr gemacht auf diesem Spaziergang (es sei denn, ich hätte eine extra kleine Speicherkarte verwendet). Ich denke da zwangsläufig mehr nach, nehme nicht unzählige Perspektiven auf, mache auch mal ein Bild nicht - das erfordert vor allem Selbstkontrolle.
Letztlich geht es mir aber mit der Serie darum zu zeigen, was man sonst nicht sieht. Es hat bei mir lange gedauert, schlechte Aufnahmen als etwas völlig normales zu betrachten. Anfangs wollte ich immer das Maximum, und war nur maximal enttäuscht, vor allem im Vergleich mit den Aufnahmen anderer Photographen. In gewisser Hinsicht kann das Betrachten nur von guten Aufnahmen demotivierend sein. Irgendwann kommt dann die Erkenntnis, dass unansehnliche Bilder normal sind, und sogar dazu gehören, weil man sie braucht, um sich selbst zu verbessern. In der Serie will ich eben alles zeigen, egal ob gut oder schlecht, eine Art photographischer Offenbarungseid. Und Analog passt da eben ziemlich gut.
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