F(l)arewell, Iridium

    • Offizieller Beitrag

    Eigentlich wollte ich das Thema für meine eigene Webseite aufbereiten, sobald ich mit deren Umgestaltung fertig bin. Leider hat mir die zu lange Hitze einen Strich durch die Rechnung gemacht, und da die Zeit in gewisser Hinsicht drängt, will ich es jetzt schon mal vorab in einer gekürzten Form hier im Forum veröffentlichen - damit zumindest noch der eine oder andere davon profitieren kann, sofern überhaupt Interesse besteht.


    Worum geht es?
    Iridium ist nicht nur ein chemisches Element, sondern auch der Name eines Satellitenkommunikationssystems, über das beispielsweise auch weltweite Telefonie abseits terrestrischer Infrastruktur angeboten wird. Für die Abdeckung in der Fläche sorgen insgesamt 95 Satelliten, die vor gut zwanzig Jahren in den Orbit gebracht wurden. Von der Zahl mal abgesehen wäre das nichts spektakuläres und photographisch eher uninteressant, gäbe es da nicht ein kleines Detail: die Satelliten verfügen über drei große Antennenpanele, die Sonnenlicht in besonderem Maße zur Erde reflektieren können, die sogenannten Iridiumflares. Der Begriff "Flare" hat mehrere Bedeutungen, photographisch ist er als Synonym für Lichtreflexe oder Blendenflecken bei Gegenlichtsituationen gebräuchlich, im Astronomiebereich beschreibt er ein Aufleuchten. Satellitenflares, also das Aufleuchten von Satelliten, sind nicht ungewöhnlich, in der Regel aber nicht sehr stark. Bei den Iridium-Satelliten ist das anders, unter optimalen Bedingungen sind sie nach dem Vollmond das hellste Objekt am Nachthimmel, und selbst bei durchschnittlichen Bedingungen sind sie noch so hell wie die ISS oder die Venus. Hinzu kommt, dass sie aufgrund der großen Satellitenzahl recht häufig auftreten, und zudem auch sehr gut vorhersagbar sind. Soll heißen: man kann sie photographisch nutzen.


    Klingt doch alles gut, aber wo ist der Haken?
    Ich habe eingangs bereits erwähnt, dass die Zeit in gewisser Hinsicht drängt, und genau da liegt das Problem. Die Satelliten der ersten Generation haben das Ende ihrer wirtschaftlichen Nutzbarkeit erreicht und werden seit dem letzten Jahr durch 75 neue Satelliten in anderer Bauform ausgetauscht, die keine auffälligen Flares mehr produzieren. Von den insgesamt acht Raketen sind sieben bereits gestartet, die letzte wird noch in diesem Quartal ihre Fracht in den Orbit bringen. Da die neuen Satelliten kompatibel zu den alten sind, werden letztere bereits parallel zur Einführung außer Betrieb genommen. Dadurch hat sich die Zahl an Flares jetzt bereits reduziert, voraussichtlich bis Ende des Jahres werden sie ganz verschwinden. Wer also Lust darauf hat, sie noch photographisch abzubilden (egal ob als Hauptmotiv oder schickes Beiwerk), der muss sich beeilen.


    Wie findet man ihn?
    Im Internet finden sich viele Seiten, auf denen man die jeweiligen Flares der nächsten Tage anzeigen lassen kann. Ich benutze gerne diese Seite, die auch eine (lohnenswerte) App für Smartphones und Tablets zur Verfügung stellt:
    https://www.heavens-above.com
    Einfach oben rechts eure Position einstellen, und schon werden euch über einen Klick auf "Iridium Flares" (unter "Satelliten") die passenden Sichtungsmöglichkeiten angezeigt, inklusive der jeweils zu erwartenden Helligkeit in Magnitudo. Dabei gilt: je kleiner die Zahl, desto heller. -7 bis -8 mag wird häufiger erreicht und ist schon extrem hell (es geht noch etwas heller, dafür muss man aber genau den Mittelpunkt treffen). Zum Vergleich, der Vollmond erreicht blendende -13 mag, die ISS -5 mag, der hellste Stern Sirius -1,5 mag. Die Höhe wird in Grad angegeben, ein Winkelmesser ist daher hilfreich; die in unsere Kameras integrierte Wasserwaage hat pro Strich übrigens 2,5°, nur so als Hilfsmittel (vertikal, horizontal sind es 1° pro Strich ;) ). Die Richtung könnt ihr einfach am Kompass ablesen.
    Noch einfacher ist es natürlich, wenn ihr auf das Datum des jeweiligen Flares klickt, denn dann wird euch auch eine passende Himmelskarte angezeigt, anhand der ihr euch orientieren könnt. Über die App könnt ihr auch die Position direkt mit dem Smartphone anpeilen: sehr praktisch!
    Auch das Standardhilfsmittel für Himmelsbeobachter kann man natürlich zusätzlich verwenden:
    http://stellarium.org/de/
    Davon hatte ich euch schon berichtet, es ist ein gängiges Planetarium für daheim und erlaubt neben vielem anderen auch die "Beobachtung" von Satelliten. Wenn ihr also die Eckdaten für die Sichtung habt, könnt ihr euch da bereits vorab den Flare anschauen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass durch die intuitive Ansicht (und den Abgleich der Position, etwa am Abend zuvor) eine einfachere Planung möglich wird. So oder so ist das Programm aber zu empfehlen.


    Und wie photographiert man ihn?
    Das kommt natürlich darauf an, was für ein Bild man erreichen möchte. Eine Detailaufnahme mit scharfen Sternen braucht eine normale Brennweite (bspw. 25 mm an µFT) sinnvollerweise eine Nachführung, da die zeitliche Länge des Flares, so man ihn komplett auf dem Bild haben möchte, zu lang ist für punktförmige Sterne. Ohne Nachführung müsste man tricksen, oder sich mit leichten Strichspuren zufrieden geben. Interessant, aber deutlich schwieriger ist es natürlich, den Flare in eine klassische Bildkomposition zu integrieren, sei es bei Landschaft oder Architektur (oder gar Portrait?). Natürlich bietet sich auch die Kombination mit Strichspuren an, wobei ich da insgesamt nicht zu lang belichten würde, ansonsten geht der Flare selbst in den Strichspuren unter. Was die Belichtungseinstellungen betrifft: was für den normalen Nachthimmel passt, dass passt auch für den Flare.


    Wir sind doch ein Photoforum, zeig mal Bilder!
    Zwei Beispielaufnahmen für Iridiumflares möchte ich euch noch zeigen, einmal vom letzten Wochenende, als ich einen Satelliten gut "im Detail" photographieren konnte (mehrere Aufnahmen a 20 Sekunden nachgeführt mit einer Normalbrennweite), das zweite ist ein paar Monate alt und war ein zweifelhafter Versuch, einen schönen Vordergrund mit einzubinden (mehrere Aufnahmen a 30 Sekunden, ohne Nachführung mit einem leichten Weitwinkel). Zur Illustration taugen beide Aufnahmen, denke ich.



    Vielleicht habt ihr ja auch Lust, dieses Himmelsereignis noch einmal festzuhalten? Oder ihr habt es bereits photographiert? Dann lasst mal eure Ergebnisse sehen. Ich bin gespannt! :thumbup:

  • Interessantes Thema, das ohne deine auch für mich als Laien verständlichen Infos sicher völlig geräuschlos an mir vorbeigegangen wäre. ;)
    Die Hoffnung selber zeitnah Fotos beizutragen habe ich allerdings nicht.
    Alle meine zaghaften "Bemühungen" in Bezug auf die Astrofotografie wurden bisher durch meine eigene Bequemlichkeit ausgebremst, bzw. haben gar nicht erst begonnen.
    Vielleicht solltest ich einfach mal einen Workshop zu dem Thema mitmachen... :/

    Gruß aus Hamburg vom schokopanscher


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  • Klingt interessant, werde mich mal bei Gelegenheit dran wagen, mehr als paar Nachtstunden um die Ohren schlagen kann nicht passieren ;)

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    • Offizieller Beitrag

    Alle meine zaghaften "Bemühungen" in Bezug auf die Astrofotografie wurden bisher durch meine eigene Bequemlichkeit ausgebremst, bzw. haben gar nicht erst begonnen.

    Du zeigst doch häufiger Nachtaufnahmen, da bietet es sich doch an, solch eine Tour mit ein paar einfachen Astrobildern abzuschließen. Ein Flare in der Häuserschlucht, klingt nach einem spannenden Motiv ;)

  • Du zeigst doch häufiger Nachtaufnahmen, da bietet es sich doch an, solch eine Tour mit ein paar einfachen Astrobildern abzuschließen. Ein Flare in der Häuserschlucht, klingt nach einem spannenden Motiv

    Ist es in einer Großstadt wie Hamburg denn nicht eigentlich viel zu hell für Astrofotografie!?
    Ich mein, es gibt da ja durchaus auch einige düstere Ecken hier in Hamburg, aber das wäre mir dann doch vielleicht etwas zuviel an "Spannung" fürs Motiv!? :/

    Gruß aus Hamburg vom schokopanscher


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    Ist es in einer Großstadt wie Hamburg denn nicht eigentlich viel zu hell für Astrofotografie!?Ich mein, es gibt da ja durchaus auch einige düstere Ecken hier in Hamburg, aber das wäre mir dann doch vielleicht etwas zuviel an "Spannung" fürs Motiv!? :/


    Solange du etwas am Himmel erkennen kannst, kannst du es auch photographieren. ;) Für die "klassische Astrophotographie", also Langzeitbelichtung visuell kleiner und lichtschwacher Objekte mit Nachführung, sind schon viele ländliche Gegenden in Mitteleuropa "nur" befriedigend", damit es gut wird, muss man schon gezielt suchen. Und direkt unter den Leuchtreklamen sieht man auch die hellsten Objekte kaum, zumal die Luftbewegungen nicht optimal sind. Aber ein paar Sachen kann man natürlich durchaus probieren, Strichspuraufnahmen über dem Hafen könnten ein schönes Motiv sein, und der hier erwähnte Flare kommt von der Helligkeit an den Mond heran, das könnte auch in den nicht ganz so dunklen Ecken Hamburgs durchaus noch funktionieren. Einfach mal probieren, solange es noch geht ;)

  • Da ich noch keine Sternspuren Fotos gemacht bzw probiert habe, nehme ich das auch mal als Anregung, vielleicht wäre die Kirche von neulich da ein interessantes Motiv :kk:

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  • Da ich noch keine Sternspuren Fotos gemacht bzw probiert habe, nehme ich das auch mal als Anregung, vielleicht wäre die Kirche von neulich da ein interessantes Motiv :kk:

    Auf jeden Fall!
    Besonders schön sieht es aus, wenn Du die Kamera auf Polaris ausrichtest oder einfach nach Norden. Dann erzeugst Du richtige kreise und nicht nur Bögen.Heute Nacht wäre vermutlich gut, ab morgen wird es wieder gewittrig.

    :) Sabine
    ------------------------
    Bavarian by nature ^^

  • Mal sehen, ob ich mich aufraffen kann heute Abend. Weiteres Ziel wäre evtl auch Antennen Erdfunkstelle bzw dort die Kirche. Also genügend Kaffee aufnehmen, am besten intravenös ;)

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