Lowlight-Fähigkeit, High-ISO, Lichtstärke und Schärfentiefe Die Zusammenhänge und - wie könnte es bei mir anders sein - wieder mal ein Vergleich. Physikalisch betrachtet hat KB rein formatflächentechnisch gesehen gegenüber (m)FT einen Lowlight-Vorteil von 2 Blendenstufen bei gleicher Sensortechnologie UND gleicher Ausgabegröße, und das weitgehend unabhängig von der Auflösung. Das ist physikalisch halt so und kein besonderer Verdienst der KB-Systementwickler. Nehme ich die für (m)FT erhältlichen F/1,4-Optiken als Vergleich, dann kann KB mit seinen F/1,4-Optiken nur vom Licht her betrachtet den Vorteil nutzen. Nehme ich die F/2,0er Zooms von (m)FT zum Vergleich, dann kann KB nur noch einen Vorsprung von 1 Blendenstufe nutzen. KB-Zooms mit F/2,0 habe ich noch nicht gesehen und was es an KB-Zooms gibt hat Mühe, abgeblendet mit den ZD's bei Offenblende mitzuhalten. ALLE Brennweiten und Lichtstärken bei Olympus-(m)FT sind stabilisiert, AUCH die mit F/1,4. Und für alles was an manuellen Objektiven adaptierbar ist, kann man in sehr weiten Grenzen die Brennweite für den Stabi manuell auswählen. Bei KB gibt es meines Wissens keine stabilisierten Objektive im Weitwinkel-und Normalbrennweitenbereich mit Lichtstärken größer als F/2,8. Für eine Beispielsrechnung nehme ich als Anforderung eine ganz gewöhnliche familiäre Alltagssituation an: (m)FT-Zoom Brennweite 25 mm Blende 2,0 Motivabstand 2 Meter Schärfentiefe ca. 38 cm. Empfindlichkeit = 400 ISO. Belichtungszeit 1/30 (bei meinem indirekt beleuchtenden 500 W Deckenfluter im Wohnzimmer kommt es darauf hinaus.) KB-Zoom Brennweite 50 mm Blende 2,8 Motivabstand 2 Meter Schärfentiefe ca. 27 cm. Empfindlichkeit für 1/30 = 800 ISO. KB-Zoom Brennweite 50 mm Blende 4,0 Motivabstand 2 Meter Schärfentiefe wie auch mit (m)FT ca. 38 cm. Empfindlichkeit für 1/30 = 1600 ISO. KB-Festbrennweite 50 mm Blende 1,4 Motivabstand 2 Meter Schärfentiefe ca. 14 cm. Empfindlichkeit für 1/30 = 200 ISO. Empfindlichkeit für 1/125 = 800 ISO. Für Familienfotos mit mehr als einem Gesicht wird es jetzt etwas eng. Unter "familiären" Umständen nehme ich für den Einsatz mit Stabi als Vorteil mal nur 2 EV an. Für den Fall, das sich das Motiv nicht bewegt, könnte ich damit noch 1/8 Sekunde halten. Ich könnte also der Schärfentiefe wegen bei 400 ISO auch auf F/4,0 abblenden = 79 cm Schärfentiefe. Für die gleiche Schärfentiefe braucht das 50er an KB Blende 8. Das bedeutet unstabilisiert für einigermaßen sichere Schärfe 6400 ISO, und stabilisiert immer noch 1600 ISO unter familiären Wackelumständen. Diese Rechnungen kann man nun für diverse Situationen anpassen. Unterm Strich bleibt: Die höhere Lowlight-Fähigkeit einer KB-Kamera kann mit einem um zwei Stufen lichtstärkeren Objektiv bei gleicher Schärfentiefe ausgeglichen werden. Das ist mit den Top-Pro-Zooms nicht billig, aber bis Offenblende problemlos möglich für den der es braucht. Festbrennweiten mit Öffnungen bis F/1,4 gibt es für (m)FT auch und die haben den Vorteil der größeren Schärfentiefe an (m)FT bei gleicher ISO wie KB, aber eben mit dem Nachteil des höheren Rauschens bei höheren ISO-Werten. Ist die geringe Schärfentiefe bei KB ausreichend, dann spielt KB den Vorteil aus. Das wäre zum Beispiel dann der Fall, wenn bei Dämmerung oder Dunkelheit mit kurzen Belichtungszeiten gearbeitet werden muss weil das Stativ nicht dabei ist und das Motiv (Stadtansicht, blaue Stunde z. B.) so weit entfernt ist, dass der Nah-Unendlichpunkt (Hyperfocal distance) bei offener Blende weit genug weg ist. Das wären bei KB und 50 mm F/1,4 ca. 59 Meter, bei (m)FT und 25 mm F/1,4 ca. 29 Meter. Mit dem 50/2,0 bei F/2,0 an (m)FT ist die Hyperfocal-Distanz 8,34 Kilometer. Mit dem bildwinkelgleichen 100/2,0 bei F/2,0 an einer KB ist die Hyperfocal-Distanz 16,7 Kilometer, bei F/4,0 auch 8,34 Kilometer. Zum Vergleich: Für Augenhöhe = 2 Meter über dem Meeresspiegel ist der Horizont vom Strand aufs Wasser gesehen etwa 5,4 Kilometer entfernt. Man muss halt wissen was man will. Wenn der Stabi ins Spiel kommt, dann kann das anders aussehen. Die größte Lichtstärke mit Objektivstabi ist meines Wissens zur Zeit F/2,8. Beim Bodystabi gibt es keine Lichtstärkenbegrenzung. Nutze ich also ein 25 mm - Objektiv mit F/1,4 und eingeschaltetem Bodystabi, dann könnte ich bei meinem persönlichen Wackelfaktor noch 1/8 Sekunde halten (still stehendes Motiv vorausgesetzt). Das ist um ca. 3 1/2 Blendenstufen weniger Licht als die Antiwackelregel von 1/Brennweite = 1/50 bei eine bildwinkelgleichen KB-Objektiv 50 mm F/1,4 und damit hat (m)FT in diesem Fall trotz des Formatvorteils von KB einen Lowlight-Vorteil von mindestens einer Blendenstufe gegenüber KB. Bleibt für die Praxis festzuhalten: Der Lowlight-Vorteil von KB kommt zum Tragen bei Öffnungen größer als F/2,8, wenn die größeren Öffnungen für KB bei der dem Bildwinkel entsprechenden Brennweite zur Verfügung stehen. Die Lowlight-Fähigkeit der Systeme ist nicht von der Sensorgröße, sondern von der Gesamtzusammenstellung aus Format und Objektiven abhängig. Wenn ich bewußt auf Schärfentiefe verzichte ist KB besser dran, solange die Objektive stabilisiert sind und sich das Motiv nicht bewegt. Porträts, Lichtstärke und Schärfentiefe: Schärfentiefe heißt: "Hinreichende Schärfe" in diesem Bereich. Das ist auch abhängig vom Betrachtungsabstand zum fertigen Bild. Je näher man an das Bild heran geht, um so geringer wird die Schärfentiefe für den Betrachter, denn das Auge löst dann mehr Details des Bildes auf. Je größer der Betrachtungsabstand zum Bild ist, um so mehr im Bild erscheint scharf, auch wenn es das nach der Definition der Schärfentiefe gar nicht mehr ist. Man betrachte ein großes Werbeplakat aus 100 m Entfernung oder aus 1 m Entfernung und der Zusammenghang wird deutlich sichtbar. Ausführlicheres hier: http://www.elmar-baumann.de/fotografie/schaerfentiefe/node8.html Der Abstand vom Augenwinkel bis zum Ohr beträgt bei einem erwachsenen Menschen etwa 8 cm. Bei leicht seitlich gedrehtem Kopf beträgt der Entfernungsunterschied der Augen zur Kamera etwa 1 cm. Die Schärfentiefe des 50/2,0 bei F/2,0 an (m)FT für ein formatfüllendes Kopfporträt in 1 m Distanz ist +/- 1,14 cm. Die Schärfentiefe des 25/1,4 bei F/1,4 an (m)FT für ein Kopf-Schulter-Porträt in 1 m Distanz ist +/- 3,3 cm. Mit einem 85/1,2 bei F/1,2 an KB beträgt die Schärfentiefe für ein formatfüllendes Kopfporträt in 1 m Distanz +/- 0,45 cm. Was man davon braucht, hängt von den persönlichen Vorlieben ab. Für das Bildergebnis im Porträtbereich ist das Bokeh meiner Meinung nach wichtiger. Ein bescheidenens Bokeh bei extrem geringer Schärfentiefe ist eher kontraproduktiv. Mir persönlich ist ein ein sanftes, angenehmes Bokeh bei nicht ganz so extrem kleiner Schärfentiefe lieber. High-ISO und kurze Belichtungszeiten: Es kann nötig sein, mit möglichst kurzen Belichtungszeiten zu arbeiten. Ein Beispiel wäre Sport in Hallen oder draußen bei wenig Licht. Da in solchen Fällen auch eher eine geringe Schärfentiefe angestrebt wird ist eine große Öffnung der Objektive wünschenswert. Wenn das dann auch noch nicht reicht, dann muss die Empfindlichkeit hoch gedreht werden. Tele-Objektive mit Öffnungen F/2,0 gibt es sowohl für (m)FT als auch für KB. Bildwinkelgleich wäre dann zwischen (m)FT 50 mm bis 150 mm (KB 100 mm bis 200 mm). Sind Öffnungen größer als 4,0 notwendig oder möglich, dann kommt der Formatvorteil des KB wieder zur Wirkung. Dann hat man beispielsweise bei KB mit 100 mm F/2,0 in 15 Meter Entfernung eine Schärfentiefe von 2,7 Meter. Andererseits kommt (m)FT für den gleichen Abbildungsmaßstab mit der halben Brennweite gegenüber KB aus und das macht sich gerade im Telebereich und bei hoher Lichtstärke deutlich fühlbar bei Gewicht und Größe bemerkbar. Man muss halt wissen was man will und was man dafür braucht. (Diesen Text habe ich schon länger fertig gehabt. Aus gegebenem Anlass, d. h. einer Diskussion in einem anderen Forum, zeige ich ihn nun hier.)