... oder die Entmystifizierung der Dynamikmessungen.
Angeregt durch die in Tests so hervorgehobene Dynamic Range von 14 Blenden bei verschiedenen Sensoren und der Begeisterung, die durch diese "Messergebnisse" teilweise erzeugt wurde, habe ich mich des Themas mal angenommen.
Das ist keine hochwissenschaftliche, sondern eine rein praktische Betrachtung.
Auch das Licht selbst "rauscht".
Das Photonenrauschen (Schrotrauschen, shot noise) entspricht der Quadratwurzel der mittleren Anzahl
generierter Elektronen in jedem Pixel = Poisson-Verteilung.
Statement:
Bei irgend einer Pixelgröße (immer kleiner mit fortschreitender Entwicklung und abhängig von der ganzen rauscherzeugenden Kameraelektronik) gibt es eine Gleichverteilung von Photonenrauschen und technikbedingtem Rauschen. Bei niedriger ISO kommt heute nur noch das Photonenrauschen zum tragen, wenn man es nicht mutwillig der Mode folgend vermatscht.
Ein üblicher Sensor, Maximale Helligkeit 100%, Full-Well-Capacity = 50000 e
Photonenrauschen ist sqrt(50000) = ~223 e = ungefähr 0,5% vom Nutzsignal
Licht-S/N = 47 dB nach der Rechnung 6 dB pro Blende und das auch noch an der Ausfressgrenze der Lichter.
Das ist um 20 dB schlechter als die Sensoren sind und liegt trotzdem noch um einiges unter der Streulichtgrenze in den Schatten bei üblichen Aufnahmen.
Mittlere Helligkeit 18% = 9000 e:
Photonenrauschen ist sqrt(9000) = 95 e = 1.05% vom Nutzsignal.
Licht-S/N = 39,5 dB = 6,5 Blenden.
Das wäre ein Photonenrauschlevel bezogen auf Max. Helligkeit von 1/100stel von 18% = 0,18% = ~55 dB =~ 9,2 Blenden unter Sättigung.
Wenn nun eigentlich gleichmäßige Flächen auf 100%-Bildern ganz glatt aussehen, sollte man gegenüber der kamerainternen Bildbearbeitung misstrauisch werden.
Es soll Leute geben die sich wundern, dass es bei einer KB-DSLR bei 200 ISO rauscht.
Geringe Helligkeit 5% = 2500 e:
Photonenrauschen ist sqrt(2500) = 50 e = 2% vom Nutzsignal.
Licht-S/N = 34 dB = 5,7 Blenden.
Das wäre ein Photonenrauschlevel bezogen auf Max. Helligkeit von 1/50stel von 5% = 0,1% = 60 dB = 10 Blenden unter Sättigung.
Jetzt wirds interessant:
Sehr geringe Helligkeit 1% = 500 e:
Photonenrauschen ist sqrt(500) = 22,36 e = 4,47% vom Nutzsignal.
Licht-S/N = 27 dB = 4,5 Blenden.
Das wäre ein Photonenrauschlevel bezogen auf max. Helligkeit von 1/22,37tel von 1% = 0,047% = ~66 dB = 11 Blenden unter Sättigung.
Das ist auf dem Level der von Kodak in Datenblättern angegebenen Dynamikwerte und die messen das Rauschen OHNE Licht.
Bis zum RAW kommt noch einiges an Elektronik-Rauschen dazu. In den Schatten werden nun die Datails mit dem Rauschen vermischt. Der Streulichtschleier liegt auch noch darüber und es wird schwierig, in dieser Suppe noch Details zu finden.
Abhilfe: Im RAW-Konverter den Schwarzwert erhöhen bis der vergrieselte Sumpf unten gerade weg ist.
"Entrauschen" geht natürlich auch. Nur, was bleibt von dem Sumpf übrig? Richtig, eine mehr oder weniger gleichmäßige dreckige Pampe ohne Inhalt.
Ganz abgesoffen und damit unsichtbar ist mir persönlich lieber. Damit erzeugt man dann das, was manche für "Dynamik" halten.
Leute, das ist die harte Wahrheit, mit der wir leben müssen.
Wie kommen die eingangs erwähnten 14 Blendenstufen Motivkontrastumfang (84 dB! innerhalb eines Bildes) durch das Objektiv auf den Sensor, wenn der Kontrastverlust einer einzigen Linse mit 0,15% schon nicht mehr als 56 dB (gerade gut 9 Blenden) zulässt?
Dazu noch etwas aus früheren Zeiten.
Das ist auch interessant.
Jetzt frage ich: Auf welche Weise kommt DxO bei irgend einem 16-MP-Crop-Sensor auf 14 Blenden Dynamik? Mit Objektiv geht das ja nicht.
Wir erinnern uns: Bei 18% Belichtung ist der Photonenrauschlevel (bezogen auf Max. Helligkeit) 1/100stel von 18% = 0,18% = ~55 dB =~ 9,2 Blenden unter maximaler Sensorladung.
Nach meiner Meinung sind zwei Szenarien möglich:
1. DxO hat gute Mathematiker und Programmierer, aber mit Fotografie nix am Hut und glaubt den Käse selbst.
2. ... das darf sich jetzt jeder selbst ausmalen.
Ganz alleine scheine ich damit nicht zu stehen.
Der Sensor ist selbst bei FT heute sowas von schnurzegal. Viel wichtiger ist die Störarmut der Elektronik danach, um das was aus den Sensordioden kommt auch nutzen zu können, und der Bildprozessor.
Was dann noch bleibt, ist leider hinzunehmen. Unausweichlich!
Aus der Praxis:
A) Ausgangswert bei Tageslicht:
200 ISO
Bel.-Zeit 1/500 s
Blende 8,0
B) Beispiel für 12 Blendenstufen dunkler als A:
3200 ISO
Bel.-Zeit 1/30 s
Blende 2,0
Bildbeispiele
1.) Tageslicht:
200 ISO
Bel.-Zeit 1/400
Blende 8,0
http://www6.pic-upload.de/18.12.10/ajhk6e6rx5ts.jpg
2.) 11,0 Blendenstufen dunkler als A:
2500 ISO
Bel.-Zeit 1/40 s
Blende 2,8
Korr. -1 EV
http://www6.pic-upload.de/27.11.10/7sbnby6te1wt.jpg
RAW dazu: http://www.file-upload.net/dow…3005854/PB270165.ORF.html
3.) 11,33 Blendenstufen dunkler als A:
4000 ISO
Bel.-Zeit 1/60 s
Blende 2,8
Korr. -1 EV
PB270163.jpg
http://www8.pic-upload.de/26.02.11/tvufh7wfbams.jpg
RAW dazu: http://www.file-upload.net/dow…3005869/PB270163.ORF.html
4.) 12,66 Blendenstufen dunkler als A:
2500 ISO
Bel.-Zeit 1/15
Blende 2,8
Korr. -1 EV
PB270168.jpg
http://www8.pic-upload.de/26.02.11/m6x8dpa6bv2l.jpg
RAW dazu: http://www.file-upload.net/dow…3243931/PB270168.ORF.html
Um das ein wenig zu verdeutlichen:
Bildbeispiel 4.) zeigt ein Bild, dessen Helligkeit um 1,33 Blendenstufen unter dem Photonenrauschen der Lichtmenge liegt, welche den Sensor nur 1% laden würde. Es ist noch nicht so sehr lange her, da brauchte man für solche geringe Helligkeiten tatsächlich einen "Restlichtverstärker".
Die Bildbeispiele 3. und 4. zeigen übrigens, welchen Einfluss die kamerainterne Verarbeitung der Signale
NACH den Empfangsdioden des Sensors je nach Kamera-Preset- und Belichtungs-Einstellung hat.
In Beispiel 4. war 1,33 Blenden weniger Licht zur Verfügung als in Beispiel 3. und trotzdem rauscht es auch nicht stärker. Warum ist das so? Weil durch die Kameraeinstellung dem Bild weniger selbst erzeugtes Rauschen überlagert wird. Das zeigt, dass eine wichtige Baustelle nach dem Sensor folgt.
Noch zwei Stufen dunkler war es hier:
5.) 14,5 Blendenstufen dunkler als A:
4000 ISO
Bel.-Zeit 1/13
Blende 2,0
Korr. -1 EV
PB270156.jpg
http://www8.pic-upload.de/26.02.11/fc8v5ujorrj1.jpg
RAW dazu: http://www.file-upload.net/dow…3245473/PB270156.ORF.html
Die beiden anhängenden Bilder zeigen Ausschnitte aus Verkleinerungen des Bildes mit verschiedenen Bearbeitungen.
Die Helligkeit des Motivs in etwas Abstand von der Lampe liegt weit unter dem, was bei Tageslicht als Streulichtschleier auf dem Sensor ankommt. Der Autofokus der E-5 spielt dabei noch mit.
Wer Lust hat, kann versuchen aus dem unteren im Schatten liegenden Teil der Tür aus dunklem Holz noch etwas zu "retten".
Zum Vergleich: Das Motiv Bild 4 im Anhang ist um 15,33 Blendenstufen heller, d.h. es hat die ca. 41200-fache Helligkeit (nach den Belichtungsdaten).
Das gleiche Motiv nochmal von heute bei Tageslicht und starker Bewölkung:
http://www8.pic-upload.de/27.02.11/dvwdmvo3aal.jpg (E-5, 14-35/2,0 SWD, 200 ISO, 1/100 s, Blende 5,0) Es ist 10,66 Blendenstufen heller = ca. 1600-fache Helligkeit. Bild 3 unten ist die verkleinerte Version.
Um es etwas anschaulicher zu gestalten, habe ich Bild 5 angehängt.
Für einen Sensor ist die Empfindlichkeit wichtiger als die Dynamik. Warum ist das so? Weil die Empfindlichkeit der Sensordioden etwas darüber aussagt, wie schwach das Licht noch sein darf damit der Sensor es auswerten kann. Die 4/3-Sensoren haben eine native Empfindlichkeit von 200 ISO, also genauso wie die anderen Sensoren auf dem Markt auch. Die praktischen Aufnahmen zeigen, dass es für 4/3 genauso dunkel sein darf wie für alle anderen Systeme auch.
"High-ISO" nutzt man sinnvoll zur Verkürzung der Belichtungszeit bei bewegten Motiven, wenn Objektivöffnung und Lichtverhältnisse es erfordern und keine andere Möglichkeit besteht. Ist das Motiv statisch und zu wenig Licht vorhanden ... hat man dafür das Stativ und die längere Belichtungszeit erfunden. Wenn es in einer Halle beim Sport zu dunkel zum Fotografieren ist, dann sollen sie gefälligst für mehr Licht sorgen! Wer keinen Wert auf vernünftige Beleuchtung legt (an unseren Arbeitsplätzen ist das Vorschrift), darf sich über grottige Fotos nicht wundern.
Für größere Formate gilt das gleiche wie schon vor 100 Jahren: Wenn ich bei gleicher Pixeldichte pro cm² für das gleiche Ausgabeformat weniger vergrößern muss, dann verschwindet die Körnung leichter unter der Auflösung des Auges bei gegebenem Betrachtungsabstand.
Ein paar Links zum Thema ganz wenig Licht:
http://astrofotografie.hohmann…chtung.astrokamera.php#a5
Astrofotos konnte man auch schon gut mit einer "alten" E-330 machen.
Noch ein paar Astrofotos mit verschiedenen Digitalkameras, u. a. E-410.